Der Bau des „Blauen Turms“ beginnt im Jahre 1452 unter der Leitung des Ratsbaumeisters Johann Rodewald. Der Turm soll der Verteidigung des inneren Hafens dienen. Er bekommt seinen Standort unterhalb der Beckergrube.

Von dieser Stelle lässt sich der Hafen nach Norden und nach Süden überblicken. Das Bauwerk wird unmittelbar am Ufer der Trave errichtet. Wegen des morastigen Untergrundes und einem ungenügenden Fundament zeigen sich schon bald starke Bauschäden.

In den Jahren 1461/62 übernimmt Heinrich Helmstede (Erbauer des noch heute stehenden Holstentores) die Bauarbeiten. Es wird ein neues Fundament gelegt, der Turm wiederhergestellt und 1463 vollendet.

Der Turm hat eine Grundfläche von 9,30 x 10,00 m und bis zum Dachansatz eine Höhe von 22,50 m. Das Äußere des Bauwerkes ist durch Gesimse gegliedert und weist nach den drei Außenseiten nur kleine Fenster und Schießscharten auf. An der Wasserseite sich zahlreiche eiserne Haken eingemauert. An ihnen sollen im Falle eines Angriffs Sandsäcke als Kugelfang aufgehängt werden. Die Seite zur Beckergrube hin zeigt spitzbogige Doppelfenster und Blenden. Sie ist damit die „schöne Seite“ des Turms.

Die Bezeichnung „Blauer Turm“ findet sich erstmals im Jahre 1550. Sie geht offenbar auf die Farbe des Schieferdaches zurück. 1793 sollen die zwei obersten Geschosse abgetragen werden. Dieser Plan wird jedoch nicht verwirklicht. Der Bauhof entschließt sich 1794 zu eine Instandsetzung des Turmes. Dabei wird das Dach des kurz vorher abgebrochenen „Hexenturmes“ verwendet. Auch dieses Dach weist eine bläuliche Tönung auf.
Der „Blaue Turm“ wird lange Zeit von reitenden Ratsdienern bewohnt, die wegen ihrer geringen Entlohnung eine Krugwirtschaft betreiben dürfen.

In einem, an der Südseite angebauten, Holzschuppen befinden sich die „Buden“ der Kornmesser und Kornträger. 1844 richten benachbarte Hausbesitzer vergeblich einen Gesuch an den Senat, den Turm abzureißen, weil er „zu große Schatten“ wirft.
Erst 1853 ist das Schicksal des „Blauen Turmes“ besiegelt. Weil ein Schienenstrang am rechten Traveufer gelegt werden soll. Wegen der beträchtlichen Abbruchkosten wird er der Eisenbahngesellschaft unentgeltlich überlassen. Damit ist ein bedeutendes Bauwerk der alten Stadtbefestigung entgültig Geschichte.
 

Quellen: 1) Die Stadtbefestigung – Bau- und Kunstdenkmäler der Hansestadt Lübeck von H. Rathgens und F. Bruns (1939) 2) Die Mauern und Tore Lübecks von Dr. C. Wehrmann (1893) 3) Beiträge zu einer Baugeschichte Lübecks von Dr. W. Brehmer (1898).

Standort: Stadtseite der Fußgängerbrücke zur Musik- und Kongresshalle
Aufstellung: 27.11.1999