Der südliche Zugang in das mittelalterliche Lübeck war fraglos schon in der Frühzeit der Stadt von Bedeutung. Schließlich endete hier der von Lüneburg kommende Heer- und Handelsweg, später als „Salzstraße“ bekannt. Gleichzeitig befanden sich im Süden auch die Kornmühlen.

Diese Tatsache war Anlass genug, den südlichen Stadtzugang durch Befestigungen zu sichern. Dazu zählten auch die zu ganz verschiedenen Zeiten errichteten Mühlentore. Das äußere Mühlentor entstand in den Jahren 1550 bis 1553 zwischen den gleichzeitig aufgeworfenen Wällen zur Rechten und zur Linken. Das im Stile der Frührenaissance reich verzierte Tor diente ganz offensichtlich gleichermaßen dem Schutz der Stadt und der Repräsentation. Das Tor mit seinen kräftigen Rundtürmen war dem 1477 von Helmstede erbauten Holstentor nachempfunden.

Das Torhaus schloss zur Stadtseite hin mit einem schlichten Treppengiebel ab. Die Feldseite hingegen war mit Terrakottafriesen sowie Pilastern und Rosetten aus Sandstein reich verziert. Die Türme waren, ähnlich wie beim Holstentor, durch zwei Terrakottafriese gegliedert. Sie stammten aus Werkstatt des Statius von Düren. Die Terrakotten zeigten abwechselnd Köpfe und Wappen, jeweils durch kleine Säulchen unterbrochen. Dabei waren die Terrakotten farbig angelegt. Die Türme waren mit kräftig geschweiften „Welschen Hauben“ gedeckt.

Das Tor, mit seiner prunkvollen Terrakotta- und Sandsteinarchitektur hat manche Bauten der Renaissance in Lübeck beeinflusst.

Trotz allem hat dieses prächtige Tor nur gut einhundert Jahre überstanden. Es musste in den Jahren 1662/63 weichen, weil die Wälle und Bastionen um- und ausgebaut wurden. Anstelle des Tores wurde eine Kurtine (Zwischenwall) angelegt, in die ein niedriges und relativ schmuckloses Tor eingefügt wurde. Dieses Tor überdauerte die Zeit bis 1808. Beim Bau des Elbe-Lübeck-Kanals 1897/99 wurden Reste des Tores freigelegt. So ist sein Standort ziemlich genau zu bestimmen. Es befand sich, stadtauswärts gesehen, dort, wo an den Wallanlagen der Weg zum Kanal hinunter beginnt.

An die Türme des äußeren Mühlentores erinnert übrigens der in den Anlagen vor der Mühlentorbrücke befindliche ehemalige Luftschutzbunker aus dem 2. Weltkrieg, der den Türmen des alten Tores nachempfunden ist.

Quellen: 1) Bau- und Kunstdenkmäler der Hansestadt Lübeck von H. Rathgens und F. Bruns (1939) 2) Lübeck – Das alte Stadtbild von Andresen, Band 1.

Standort: An der rechten Stadtseite der Mühlentorbrücke
Aufstellung: 08.07.2002